Berufshaftpflicht für angestellte Psychotherapeut:innen
Die Berufshaftpflichtversicherung für freiberuflich tätige Psychotherapeut:innen ist eine Pflichtversicherung. Doch wie genau sieht es mit der Berufshaftpflicht für angestellte Psychotherapeut:innen aus? Haftet der Arbeitgeber für Schadenersatzansprüche?
WELCHE RISIKEN GIBT ES UND WOZU BIN ICH VERPFLICHTET?
Risiken als angestellte:r Psychotherapeut:in
Grundsätzlich ist bei Haftungsfragen zwischen dem Außen- und dem Innenverhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterscheiden. Gegenüber dem Patienten oder dem Tierbesitzer tritt immer der Arbeitgeber als Vertragspartner auf. Der Arbeitnehmer ist hier lediglich Erfüllungsgehilfe für die vertraglichen Verpflichtungen seines Arbeitgebers. Verstöße des Angestellten werden daher dem Arbeitgeber zugerechnet. Der Arbeitnehmer kann allerdings im Falle der sogenannten „deliktischen Haftung“ (d. h. die Haftung infolge einer „unerlaubten Handlung“) oder bei strafrechtlich relevanten Sachverhalten auch direkt betroffen sein.
Anders sieht es im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus. Hier kann sich der Arbeitnehmer in vielen Fällen auf den arbeitsrechtlichen innerbetrieblichen Freistellungsanspruch berufen. Ob und inwieweit der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit von der Haftung freistellen muss, richtet sich nach der Schwere von dessen Verschulden.
Haftungsfreistellung nach dem Drei-Stufen-Modell
Leichte Fahrlässigkeit liegt bei geringfügigen Pflichtwidrigkeiten vor, also bei Verstößen, die leicht entschuldbar sind und jedem unterlaufen können. Grobe Fahrlässigkeit setzt dagegen schwerwiegende Pflichtverstöße voraus, die auch subjektiv unentschuldbar sind. Fälle mittlerer Fahrlässigkeit ordnen sich dazwischen ein. Tarifvertraglich kann der Regress des Arbeitgebers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein.
WIRD SCHON SCHIEFGEHEN
Berufshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers
Laut Gesetz und Berufsordnung ist jede:r freiberufliche Psychotherapeut:in also ggf. Ihr Arbeitgeber, dazu verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung mit vorgeschriebenen Versicherungssummen abzuschließen. Die Versicherungssumme der Berufshaftpflichtversicherung für Psychotherapeut:innen mit Angestellten muss mindestens 5 Mio. € betragen. Zusätzlich darf die Summe für alle Schadenfälle pro Jahr nicht unter das Dreifache begrenzt werden (sog. Maximierung). Weitere Vertragsinhalte sind aber gesetzlich nicht weiter vorgeschrieben. Hierzu könnten z. B. Leistungen bei grober Fahrlässigkeit zählen oder bei Schlüsselverlust und Mietsachschäden.
Wichtig ist, dass Sie mit Ihre:r Arbeitgeber:in über den bestehenden Versicherungsschutz sprechen sollten. In dem Vertrag sollte die korrekte Anzahl an Mitarbeiter:innen angegeben sein. Es sollte auch immer sichergestellt sein, dass die Versicherungsbeiträge gezahlt werden. Wichtige Eckpunkte, auf die Sie achten sollten:
- Spezieller Tarif für Psychotherapeut:innen
- Ausreichende Versicherungssumme von mind. 5 Mio. €
- Erweiterter Strafrechtsschutz
- Mitversicherung grober Fahrlässigkeit
- Korrekte Anzahl an Mitarbeiter:innen
ZUSATZDECKUNG ZUR ARBEITGEBERHAFTUNG
Im Zweifel lieber selbst absichern
Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, können Sie auch als angestellte:r Psychotherapeut:in eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abschließen.
Angebot anfordernWAS SOLLTE ICH TUN?
Unsere Empfehlung
Entscheidend für angestellte Psychotherapeut:innen ist es zu klären, wie umfassend sie über ihren Arbeitgeber abgesichert sind. Hat dieser z. B. in seiner Berufshaftpflichtversicherung nur die leichte und mittlere Fahrlässigkeit versichert, kann er Patientenansprüche aus grober Fahrlässigkeit an den Arbeitnehmer weitergeben. Besteht dieses Regressrisiko, sollten Psychotherapeut:innen in Anstellung unbedingt eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Die Verfahren der Arbeitsgerichte zeigen, dass sich solche Regressforderungen üblicherweise auf drei bis sechs Monatsgehälter belaufen – und damit für Arbeitnehmer ein erhebliches finanzielles Risiko darstellen.
Doch selbst wenn vollumfänglicher Versicherungsschutz über den Arbeitgeber gewährleistet ist, bleiben Risiken für den Arbeitnehmer bestehen – z. B. dann, wenn der Arbeitgeber insolvent wird oder die Versicherungsprämie nicht zahlt. Auch kann der Arbeitgeber die Anspruchsabwehr trotz eines bestehenden Anspruchs verweigern, etwa weil es zu persönlichen Differenzen zwischen ihm und dem Mitarbeiter kommt.
Folgende Punkte sollten Sie klären:
- Inwieweit wird die persönliche Haftung vom Versicherungsschutz des Arbeitnehmers gedeckt?
- Welche Versicherungssummen sieht der Vertrag vor?
- Ist neben der einfachen auch die grobe Fahrlässigkeit mitversichert? Wird auch bei grober Fahrlässigkeit auf einen Regress verzichtet?
- Besteht auch für Strafverfahren Versicherungsschutz?
- Bestehen Individualvereinbarungen zur Haftung im Anstellungsvertrag?
- Fordert meine Psychotherapeutenkammer eine Berufshaftpflichtversicherung auch als angestellte:r Psychotherapeut:in?